Die GemüseAckerdemie ist ein Bildungsprogramm von Acker

Acker Reportage 14. Juli 2020

„Eher ein Geschenk als eine Herausforderung” – mit der GemüseAckerdemie durch die Corona-Zeit

Fröhliches Ackern auf der "Farm" im brandenburgischen Klein Lüben (SchulAcker der Montessori-Schule Wittenberge) IBiS Montessori-Schule Wittenberge / Daniela Dörfel

Geschlossene Schulen, Unterrichtsausfall, Abstands- und Maskenpflicht: Ist das Ackern in Corona-Zeiten ein Ding der Unmöglichkeit? Mitnichten! Wir haben engagierte AckerLehrer*innen aus ganz Deutschland gefragt, wie sie die Pflanzungen unter erschwerten Umständen bewältigt haben. Lest hier, welche kreative Lösungen sie gefunden haben, was es mit dem „Frühlingszwiebel-Hype” auf sich hat und warum Ackern während des Lockdowns sogar Familien zusammenschweißen kann.

Erfolgreich geackert: Trotz Corona-Krise und Lockdown hat die GemüseAckerdemie 2020 an

  • 648 Lernorten (154 AckerKitas, 461 AckerSchulen und 33 GemüseKlassen)
  • bereits 27.385 Kinder (Juni 2020) erreicht!

Schon die erste Pflanzung ohne Kinder machte den Pädagog*innen deutlich: In diesem Jahr ist auch auf dem Acker alles anders. Nur vereinzelt waren Kinder von Pädagog*innen oder aus der Notbetreuung zugegen, die umso motivierter zu Werke gingen. In Berlin durften die Schüler*innen von Christine und Martin die Pflanzung als Zuschauer*innen live und mit Abstand mitverfolgen. Wo dies nicht möglich war, schlug die Sternstunde des digitalen Klassenzimmers. Gerade in Lockdown-Zeiten bewährten sich die Videos und Online-Materialien der GemüseAckerdemie. Viele Pädagog*innen fotografierten die Pflanzungen und ließen die Schüler*innen per Mail und Web an der Ackerpracht teilhaben.

Wurden die Kinder auf dem Acker auch schmerzlich vermisst, war bald tatkräftige Unterstützung durch Kolleg*innen, Familienmitglieder und zusätzliche AckerHelfer*innen der GemüseAckerdemie organisiert. Für AckerLehrerin Katharina aus dem bayerischen Kammer ergab sich dabei sogar eine Kooperation mit Erzieherinnen eines Kinderhorts.

Dass gemeinsames Ackern gerade in Krisenzeiten Solidarität und Zusammenhalt stärkt, war eine schöne und von vielen Pädagog*innen geteilte Erfahrung. Die Berliner AckerLehrer*innen Christine und Martin betonen das tolle „Gefühl des gemeinsamen Schaffens” ebenso wie Lena, die mit Mann und Kindern den verwaisten Schulgarten beackert hat. „Wir sind als Familie gestärkt und stolz aus dem Projekt hervorgegangen”, erzählt die AckerLehrerin aus dem bayerischen Pocking und fügt ihre Einschätzung hinzu, „dass das Kollegium und unser Schulleiter unser Engagement mehr wertschätzt als bisher”.

Auch die Maske gehörte bald so selbstverständlich zur Acker-Ausstattung wie Hacke und Spaten. Insgesamt waren die Corona-Beschränkungen kein Hindernis für die Pflanzarbeiten. Das Ackern unter freiem Himmel begünstigte sogar die Einhaltung der Abstandsregeln, wie Daniela aus dem brandenburgischen Wittenberge schildert. Für sie war die erste Pflanzung ein besonders schönes Erlebnis, das mit einem „kleinen Fest und gutem Essen” ausklang. Ihr überraschendes Fazit zur ersten Pflanzung unter Corona-Bedingungen: „Eher ein Geschenk als eine Herausforderung!”

Von „Frühlingszwiebel-Hype” und Marienkäfer-Verteil-Aktion – die zweite Pflanzung mit den Kindern

Der Zeitpunkt des zweiten Pflanztermins traf auf bereits gelockerte Corona-Auflagen. Für die Kinder hieß das nach langem Warten: Ab auf den Acker!

Wenn auch mit dem gebotenen Sicherheitsabstand und in kleinen Gruppen, hatten die Schüler*innen viel Spaß, wie AckerLehrerin Alexandra aus Berlin schwärmt.

Fast überall sorgte das Ackern für gute Laune – angesichts der Umstände keine Selbstverständlichkeit und eine willkommene Abwechslung. Auf dem SchulAcker von Lehrerin Melanie in Dortmund kam es gar zu einem regelrechten „Frühlingszwiebel-Hype”. Die anfangs mäßig motivierten Schüler*innen stürzten sich nach getaner Arbeit auf die schönsten Zwiebeln und snackten das frisch geerntete Gemüse noch im Klassenraum.

Urte aus dem niedersächsischen Langenhagen konnte bei ihren Schüler*innen eine Marienkäfer-Umverteilungs-Aktion beobachten: Die Kinder setzten die geflügelten Nützlinge mal auf die eine, mal auf die andere Pflanze – je nachdem, welche ihrer Meinung nach stärker von Blattläusen befallen war.

Von zahlreichen Aha-Erlebnissen berichtet auch AckerLehrerin Katharina, deren Schüler*innen größtenteils zum ersten Mal intensive Gartenarbeit erfahren und dabei voller Begeisterung die „Wurmkühe” auf dem Mulchbeet füttern durften.

Ein „Paradies” in besonderen Zeiten – der Acker als Lern- und Erholungsort

„Stressfrei” und „tiefenentspannt” sind wohl kaum Adjektive, die man mit der Corona-Krise verbindet. Und doch zeigen diese Originalzitate zweier AckerLehrer*innen, welche positiven Auswirkungen das Ackern auch und gerade während widriger Umstände haben kann.

Dazu trug und trägt die reibungslose Zusammenarbeit der Pädagog*innen und Kinder mit der GemüseAckerdemie bei. Sei es der „Optimismus” unserer Koordinatorin Julia, der AckerLehrerin Linda aus Berlin positiv in Erinnerung geblieben ist, oder die „umfassende Aufbereitung”, die den „Einstieg ins Gärtnern für Schüler*innen und Pädagog*innen einfach und spannend” macht (Alexandra aus Berlin). Für Urte aus Langenhagen ist das Ackern dank der „richtigen Helfer” gar zum „Selbstläufer” geworden.

Wie wichtig unsere Aufgabe bleibt, der Naturentfremdung von Kindern entgegenzuwirken, zeigt eine humorvolle Anekdote von AckerLehrerin Claudia (Laatzen). Auf die Frage nach einer Pflanze und dem Hinweis „Daraus kann man etwas machen, das du gerne im Kino isst” kam die Kinderantwort: „Eis!” Beim fraglichen Gewächs handelte es sich um eine kleine Maispflanze.

Wer hätte gedacht, dass das Ackern mit der GemüseAckerdemie so vielen Schüler*innen und Pädagog*innen in der Krise ein unverhofftes Erfolgserlebnis beschert? So ist etwa Daniela aus Klein Lüben total begeistert, „zehn Wochen nach der ersten Pflanzung ein Paradies auf (ihrem) Acker vorzufinden”.

Schließen möchten wir mit den Worten von AckerLehrerin Claudia, die wie so viele ihrer Kolleg*innen und Schüler*innen ihr schlummerndes gärtnerisches Talent entdeckt hat und immer noch kaum glauben kann, „dass ich es tatsächlich geschafft habe, einen Acker anzulegen, zu bepflanzen und bereits das Gemüse zu ernten. Ich! Diejenige, die bisher jede Zimmerpflanze ins Nirvana geschickt hat. Danke an die GemüseAckerdemie!”

Ihr wollt mit euren Kita-Kindern oder Schüler*innen selber Gemüse anbauen? Jetzt mitmachen!