Die AckerPerle Franz-Carl-Schule Blieskastel
Die Schüler*innen der Franz-Carl-Schule Blieskastel sind mächtig stolz auf ihre Ernte! Franz-Carl-Schule Blieskastel
Julia Rauch und Uta Stein sind AckerLehrerinnen der Franz-Carl-Schule in Blieskastel. Diese Schule gehört zu den 242 neuen Lernorten, die im Jahr 2020 mit dem Ackern begonnen haben. Trotz erschwerter Bedingungen hat sie es geschafft, einen Volltreffer zu landen. So ist nicht nur in wenigen Monaten ein fruchtbarer Acker entstanden, sondern auch jede Menge Vernetzung. Und weil die Franz-Carl-Schule Blieskastel ihren Acker und die GemüseAckerdemie besonders erfolgreich integriert hat, gehört sie zu unseren „AckerPerlen“. Für diese Rubrik haben wir im Rahmen unserer Wirkungsanalyse Interviews mit den Schulleitungen, Lehrer*innen und Schüler*innen von AckerSchulen gemacht, die durch ihre besonderen Schulkonzepte auffallen. Um ein umfassendes Bild vermitteln zu können, stellen wir euch insgesamt neun dieser AckerPerlen in den kommenden Wochen vor. Heute kommt die vierte AckerPerle: Die Franz-Carl-Schule in Blieskastel!
Autorin: Lena Hetzer / Ackerdemia e.V.
Fotos: Franz-Carl-Schule
Steckbrief
Ort: Blieskastel
Bundesland: Saarland
Schulform: Förderschule
Schüler*innen: 40
AckerKlassen: Mittelstufe
Anzahl Lehrer*innen / Mitarbeiter*innen: 9
Anzahl AckerLehrer*innen: 2
AckerSchule seit: 2020
Größe des Ackers: 120 m2
„Wir haben eine besondere Schülerschaft – hier ist der Förderbedarf in den Bereichen Lernen und sozial-emotionale Entwicklung hoch“, erzählt Julia Rauch, die derzeitige AckerLehrerin. An der Förderschule sind die Klassen in Unter-, Mittel- und Oberstufe aufgeteilt. In der Franz-Carl-Schule besteht eine Klasse aus etwa zwölf Schüler*innen. Die individuelle Betreuung steht im Mittelpunkt: „Jeder Schüler und jede Schülerin wird nach seinem oder ihrem eigenen Förderplan unterrichtet“, erklärt Schulleiter Christian Latz und ergänzt: „Wir arbeiten nach dem Klassenlehrerprinzip bis hin zur Oberstufe. Und da haben wir die Möglichkeit den Unterricht so zu gestalten, wie es für die Lerngruppen richtig ist.“ Julia Rauch ist die Klassenlehrerin der Mittelstufe, mit der sie regelmäßig ackert. Tatkräftig unterstützt wird sie von der Eingliederungshelferin Uta Stein. „Die beiden machen das sehr gewissenhaft und das macht ihnen auch einfach Spaß“, berichtet Christian Latz. Dass ihnen die Arbeit auf dem Acker große Freude bereitet, bestätigen die beiden Pädagoginnen: „Gerade in der Corona-Zeit war es für uns das Highlight der Woche, wenn wir zwei uns auf dem Acker treffen durften“, erzählt Julia Rauch und lacht.
Alle drei erinnern sich mit Staunen an die ersten Tage auf dem Acker zurück. „In der Zeit, als wir den Acker umgegraben haben, hat es bestimmt zwei Wochen wie aus Eimern geschüttet. Die Kinder sind im Matsch stecken geblieben! Das war eine Mammutaufgabe, weil der Boden hier sehr hart war“, erzählt Uta Stein. Auch Christian Latz konnte kaum glauben, wie motiviert die Schüler*innen bei der Sache waren: „Die sind da teilweise noch nachmittags gekommen und haben da mitgeschaufelt. Es war toll mit anzusehen.“
Die körperliche Arbeit und der gemeinsame Fokus auf das Umgraben haben den Schüler*innen zudem geholfen, die Nachricht der Schulschließungen ab Mitte März besser zu verdauen. „Das hätte auch emotionaler ausfallen können, weil das ja schon ein großer Einschnitt war, was auch mit Sorgen und Ängsten unserer Schüler verbunden war“, erklärt Julia Rauch und ergänzt: „Was ich sehr sinnvoll finde, ist, dass man den Fortschritt [auf dem Acker] auch sieht – das ist für unsere Schüler sehr beeindruckend. Viele verfügen auch einfach über ein recht geringes Selbstwertgefühl und diese Selbstwirksamkeit ist sehr gewinnbringend.“ Christian Latz fügt hinzu: „Gerade unsere Schülerschaft beschäftigen häufig existenziellere Fragen als die der Nachhaltigkeit. Und trotzdem ist es etwas, was auch für unsere Schüler wichtig ist zu kennen und sich damit auseinandergesetzt zu haben.“ Die praktische Arbeit auf dem Acker bereite den Kindern einfach Freude. Mit breitem Schmunzeln erzählt Uta Stein von einem Schüler, der es ganz toll finde, dass „die Lehrer auch endlich mal was machen und anpacken und selbst nicht nur Anweisungen geben.“
Das geerntete Gemüse soll perspektivisch als Snack im Pausenverkauf angeboten und mit der Oberstufe im Hauswirtschaftsunterricht verarbeitet werden. Den Schüler*innen soll damit die Möglichkeit gegeben werden, das Gemüse zu probieren, in die eigene Verpflegung aufzunehmen und saisonal und regional kochen zu lernen. Diese Pläne können jedoch erst umgesetzt werden, wenn ein Stück weit Normalität in den Schullalltag zurückgekehrt ist. Als es vergangenes Jahr ans Ernten ging, waren die Schüler*innen aufgrund der Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus, nicht immer vor Ort in der Schule. „Dort, wo wir konnten, haben wir das Gemüse den Schülern mit nach Hause gegeben. Das hat Priorität“, erklärt der Schulleiter. Es blieb jedoch eine große Menge erntefrisches Gemüse übrig. „Was wir dann mit den Schülern auf die Beine stellen konnten, war die Kooperation mit dem Bioladen in Blieskastel“, berichtet Christian Latz stolz. Der Besitzer des Ladens habe sogar einen Aufsteller in der Gemüseabteilung platziert. Dort wurde das angebaute Gemüse der Schüler*innen gegen eine Spende angeboten. Zusätzlich konnte ein wenig Gemüse bei einer Sommerakademie, die in den Räumlichkeiten der Schule stattfand, abgegeben werden. Uta Stein freut sich: „Dadurch ist unsere Klassenkasse sehr prall gefüllt, was den Schülern dann wieder zugutekommt, weil wir dann schöne Ausflüge machen können.“
Nicht nur die Mittelstufe ist fleißig am Ackern. „Auch die anderen Lehrer und Klassen verfolgen das und sehen, dass da etwas Tolles entsteht, und haben Interesse da etwas beizutragen“, berichtet Christian Latz. So hat die Oberstufe neben dem Acker eine Kräuterspirale gebaut und die Unterstufe den Zaun des Ackers geschmückt. Außerdem darf sich jede*r Schüler*in mit einer kleinen persönlich gestalteten Wegplatte auf dem Acker verewigen. Auch die Anschaffung von Bienenstöcken für das Schulgelände ist geplant und eine Kollegin steckt derzeit schon mitten in der Fortbildung zur Schulimkerin.
„Das Gute bei uns ist, dass wir eine sehr kleine Schulgemeinschaft sind, und wir verstehen uns gut untereinander. Wenn jemand ein Projekt machen möchte, dann macht er das eben und dann wird das aber auch getragen“, erzählt der Schulleiter. Die Franz-Carl-Schule legt großen Wert auf demokratische Strukturen: „Es ist wichtig, dass wir auf allen Ebenen eine Teilhabe ermöglichen. Sei das in der Elternarbeit, in den Klassen selbst, sei das auf Schulebene unter Schülern oder Kolleginnen.“ Mitbestimmung und Mitgestaltung ist für Christian Latz ein sehr wichtiger Teilaspekt einer nachhaltigen Gesellschaft.
Er sieht viele Ansatzpunkte, den Acker mit internen Projekten der Schule sowie mit externen Partnern zu vernetzen. Insbesondere die externe Vernetzung stellt eine gute Möglichkeit dar, Öffentlichkeitsarbeit für die Schule zu machen. „Der Acker ist eine gute Keimzelle, um im Umfeld sowohl für Lehrer*innen als auch für Schüler*innen Gewinnbringendes zu installieren“, erzählt er und denkt gleich weiter: „Schülerfirmen, andere Gartenprojekte, Bauprojekte, Werkunterricht: die Ideen sind grenzenlos!“