Mehr Gemüse vom Gemüse: 10 Tipps gegen Lebensmittelverschwendung
Unsere Vision: eine Gesellschaft, die Lebensmittel wertschätzt. © Foto: Acker e. V.
Ein Drittel aller Lebensmittel landet in Deutschland, Österreich und der Schweiz auf dem Müll. Wir erklären dir, wie es zu dieser massenhaften Verschwendung kommt und was du aktiv dagegen tun kannst, damit du am Ende mehr Gemüse von deinem Gemüse hast.
Stell dir eine LKW-Kolonne vor, die von Hamburg bis nach Singapur reicht und voll mit Lebensmitteln beladen ist. Das entspricht ungefähr den 15 Millionen Tonnen Nahrungsmitteln, die jedes Jahr in Deutschland, Österreich und der Schweiz im Abfall landen.
Absurd ist diese Zahl nicht nur angesichts der Nahrungsknappheit, mit denen weltweit fast eine Milliarde Menschen zu kämpfen haben. Auch in den Industrienationen bekommen wir die Auswirkungen der gigantischen Lebensmittelverschwendung immer deutlicher zu spüren. Denn mit den Lebensmitteln verschwenden wir auch wertvolle Ressourcen: Rohstoffe und Energie bei der Herstellung, Kraftstoffe mit teils beträchtlichem CO2-Ausstoß beim Transport in den Handel, zu den Verbraucher*innen und zur Müllverwertung. So befeuert der gedankenlose Umgang mit unserer Nahrung auch die Energie- und Klimakrise.
Grund genug also, dieser großen gesellschaftlichen Herausforderung auf den Grund zu gehen: Wo entsteht Lebensmittelverschwendung und was können wir dagegen tun?
Viel zu oft landen genießbare Lebensmittel im Müll. pixabay / Couleur
Wo Lebensmittelabfälle entstehen – vom Acker bis in die Küche
Lebensmittelverschwendung beginnt bereits beim Anbau und zieht sich durch die gesamte Wertschöpfungskette. So viel vorweg: Nicht alle schädlichen Einflüsse lassen sich gänzlich vermeiden; Unwetter und Schädlinge zum Beispiel können ganze Ernten zerstören. Dennoch: Dem größten Teil der Lebensmittelverschwendung liegt menschliches Handeln zu Grunde.
Schon in der Landwirtschaft und der Lebensmittelverarbeitung kommt es oft zu einer Überproduktion von Lebensmitteln: Ursache sind unter anderem Subventionen, die Anreize für eine Massenproduktion von Nahrungsmitteln schaffen. In der Folge entstehen Unmengen an Nahrungsmitteln, die nicht immer Abnehmer*innen finden.
Für die Tonne produziert wird oft schon auf dem Acker. unsplash / no one cares
Einmal in den Lagern des Großhandels angelangt, landen tonnenweise Lebensmittel im Müllcontainer, die sich nicht mehr für den Verkauf eignen. Gründe hierfür sind zum Beispiel eine unsachgemäße Lagerung, Überreife oder Transportschäden.
Doch auch die Kaufgewohnheiten von Konsument*innen spielen hier eine wichtige Rolle – wie wichtig, zeigt sich am so genannten Knubbelgemüse. Schief und krumm gewachsene Exemplare, die nicht unserem Idealbild von Gemüse entsprechen, gelangen gar nicht erst in den Handel: zweibeinige Möhren, verzwirbelte Rettiche oder Tomaten mit lustigen Nasen.
Ein Teil des Knubbelgemüses wird in Produkten wie Pommes frites oder Säften weiterverarbeitet, bei denen die Form des Gemüses keine Rolle spielt. Der Großteil der eigenwillig gewachsenen Pflanzen landet aber ebenfalls auf dem Müllhaufen.
Egal ob rund oder knubbelig: Lecker schmecken sie alle. unsplash / Angele Kamp
Fünf auf einen Streich: miteinander verwachsene Möhren. Acker e. V.
Das offenbart ein tiefliegendes Problem: die mangelnde Wertschätzung für Natur und Lebensmittel in unserer Gesellschaft. Eine Herausforderung, der wir uns bei Acker mit Herz und Spaten stellen. Wenn Schul- und Kitakinder in unseren Bildungsprogrammen ihr eigenes Gemüse anbauen, sensibilisiert sie das auch für einen verantwortungsvollen Umgang mit Lebensmitteln. Das bestätigt der Bundespreis „Zu gut für die Tonne“, mit dem uns das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft 2019 ausgezeichnet hat.
Die größte Abfallmenge entsteht beim Konsum der Nahrungsmittel. Seien es die halb aufgegessenen Speisen im Restaurant oder der vergammelte Sellerie in der hintersten Kühlschrankecke – sie alle landen früher oder später auf dem Müllberg. Auch wenn viele Faktoren der Lebensmittelverschwendung systemisch bedingt sind und politischer Weichenstellungen bedürfen: Mehr als die Hälfte aller Lebensmittelabfälle in Deutschland, Österreich und der Schweiz entsteht in Privathaushalten.
Das heißt im Umkehrschluss aber auch, dass wir als Privatmenschen einen großen Beitrag zu einem bewussteren Umgang mit Nahrungsmitteln leisten können – zum Beispiel mit den zehn folgenden Tipps:
10 Tipps gegen Lebensmittelverschwendung
1. Kaufe bewusst ein
Bewusster Konsum beginnt bei der Planung: Überlege dir schon beim Einkaufszettel, welche Lebensmittel sich länger halten und welche du eher aufessen musst – und plane deinen Speiseplan entsprechend. XXL-Angebote verlocken oft zum Kauf von Maxipackungen, doch im Single-Haushalt wird aus dem 3-Kilo-Orangennetz schnell ein 2-Kilo-Schimmelnetz, wenn du nicht gerade eine Saftbar eröffnest. Auf dem Wochenmarkt oder gar bei einer Solidarischen Landwirtschaft erhältst du oft kleinere Mengen zu einem fairen Preis.
Pilze sind nahr- und schmackhaft, diese jedoch weniger: Schimmel lässt sich bei guter Planung und Lagerung vermeiden. pixabay / ShotRAV
2. Teile Lebensmittel mit Bedürftigen
Hast du doch einmal Lebensmittel übrig und keine Verwendung dafür – wie wär’s mit Foodsharing? Vielleicht benötigt jemand für ihr*sein Rezept genau das Gemüse, das du sonst weggeworfen hättest oder kann sich vielleicht gar keine Lebensmittel leisten. So rettest du Lebensmittel und hilfst dabei auch Bedürftigen.
3. Koche für Freund*innen und Bekannte
Du hast Lebensmittel in Mengen übrig, die einfach zu groß für dich oder deine Familie sind? Ein schöner Anlass, Freund*innen und Bekannte einzuladen und groß aufzutischen! Gemeinsam schmeckt’s sowieso am besten – und vielleicht springt ja eine Gegeneinladung für dich dabei raus.
4. Nutze alle Pflanzenteile
Mach mehr aus deinem Gemüse! Viele Pflanzenteile, die normalerweise entsorgt werden, sind nicht nur essbar, sondern auch gesund. So macht sich zum Beispiel Radieschengrün super als Smoothie-Zutat, in einer Sommerrolle oder gar als Suppe (die du mit unserem Rezept nachkochen kannst). Informiere dich doch im Internet, welche Teile deines Gemüses wie verwertbar sind – von Möhrengrün-Pesto bis Zwiebelschalen-Tee! Achte jedoch darauf, dass die Pflanzen aus ökologischer Landwirtschaft stammen, damit keine Rückstände von Pestiziden auf Blätter und Schalen zu finden sind.
100 % genießbar – bei vielen Gemüsearten lässt sich auch das Grün verwerten. Acker e. V.
5. Päpple schlappes Gemüse wieder auf
Dein Gemüse macht schlapp? Meist liegt das am Wasserverlust. Lege Radieschen, Salate oder Möhren in ein Glas oder eine Schüssel kaltes Wasser. Schon nach kurzer Zeit sind sie wieder knackfrisch!
6. Prüfe die Haltbarkeit
Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten? Viele Lebensmittel sind noch deutlich länger genießbar! Mach den Test: Riecht es verdorben, hat sich die Farbe verändert oder sind Schimmelpilze erkennbar? Im Zweifel solltest du die Lebensmittel allerdings entsorgen, denn deine Gesundheit geht natürlich vor.
7. Lagere Lebensmittel richtig
Um deine Lebensmittel möglichst lange genießbar zu halten, ist die richtige Lagerung das A und O. So haben verschiedene Fächer im Kühlschrank unterschiedliche Temperaturen und sind daher besser oder schlechter für bestimmte Lebensmittel geeignet. Mehr Informationen zur Lagerung von 20 verschiedenen Obst- und Gemüsearten haben wir in einem extra Artikel für dich gesammelt. Darüber hinaus gibt es viele tolle Möglichkeiten, Gemüse haltbar zu machen – mehr dazu erfährst du im Herbst im Ran ans Gemüse!-Newsletter.
8. Nutze Lebensmittelreste für Kompost und Mulch
Ist dein Obst oder Gemüse wirklich nicht mehr genießbar, taugt es je nach Art noch als Kompost – etwa in einem Bokashi-Eimer – oder gar zum Mulchen. Nicht auf den Kompost oder in den Mulch gehören allerdings gegarte Speisereste oder auch Pflanzen mit Schimmelbefall.
9. Werde selbst aktiv
Werde selbst aktiv gegen Lebensmittelverschwendung! Vielleicht findet ja auch ein Aktionstag für Knubbelgemüse in deiner Nähe statt? Oder gar eine Schnippeldisko, bei der aussortiertes Gemüse gemeinsam verarbeitet und gekocht wird? Anlaufstellen sind zum Beispiel Slow Food oder Zu gut für die Tonne.
10. Baue dein eigenes Gemüse an!
Für die Selbstversorgung reicht das natürlich nicht (es sei denn, du hast vieeeel Ackerfläche und noch mehr Zeit). Doch selbst der Gemüseanbau auf dem Balkon spart Verpackung und Transportwege und bietet einen einzigartigen Naturspaß. Denn eigenes Gemüse für dich selbst oder mit deiner Familie anzubauen, zu pflegen und zu ernten ist ein echtes Erfolgserlebnis, das dich Lebensmittel mit neuen Augen sehen lässt.
Gemüse selber anbauen – ein Erfolgs- und Geschmackserlebnis von klein auf! © Foto: Katharina Kühnel