Mitmachen 22. März 2023

Klima geht durch den Magen: 5 Tipps für eine nachhaltige Ernährung

Ernährst du dich nachhaltig, haben alle was davon – deine Gesundheit, dein Gewissen und unser Klima. unsplash / Grace O‘Driscoll

„Iss deinen Teller leer, sonst gibt’s morgen keinen Sonnenschein!“ – dieser pädagogisch fragwürdige und wissenschaftlich unseriöse Erziehungsspruch ist zu Recht aus der Mode gekommen. Tatsächlich stehen Ernährung und Klima in einem viel komplexeren und globaleren Zusammenhang, den wir dir im Folgenden überblicksartig erläutern. Und da wir statt erhobenen Zeigefingern lieber grüne Daumen und schnippelnde Hände sehen, haben wir fünf alltagstaugliche Tipps für eine nachhaltigere Ernährungsweise für dich zusammengestellt, bei denen der Genuss nicht auf der Strecke bleibt.

Was bedeutet eigentlich nachhaltige Ernährung?

Laut der Weltgesundheitsorganisation WHO ist eine Ernährungsweise nachhaltig, wenn sie „heutigen und zukünftigen Generationen weltweit ein gesundes Leben und [...] individuelles Wohlbefinden“ ermöglicht und dabei geringe Auswirkungen auf die Umwelt hat.

So weit, so weitreichend: Zum einen macht diese Definition die globale Tragweite deutlich, die unsere Nahrungsmittelherstellung und -versorgung heutzutage ausmacht. Die Nuss-Nougat-Creme mit Palmöl mag uns den Tag versüßen; nicht aber den Menschen im Produktionsland, wo der Anbau die Lebensgrundlage vieler Menschen zerstört – zum Beispiel durch Brandrodung.

Eine globale Herausforderung besteht darüber hinaus im ungleichen Zugang zu gesundheitsförderlichen und erschwinglichen Nahrungsmitteln. Das gilt nicht nur für Entwicklungsländer: Auch in den Industriegesellschaften kann sich nicht jede*r die fair produzierte Bio-Avocado leisten – industriell stark verarbeitete Lebensmittel sind oft die günstigere Alternative.

Darüber hinaus zielt die WHO-Definition einer nachhaltigen Ernährung auch auf den Zeithorizont. Kurz: Was wir heute essen, beeinflusst das Klima von morgen. Ein ungünstiger Klimawandel wiederum bedeutet ungünstige Bedingungen für die Nahrungsmittelproduktion der Zukunft. Da es sich bei Lebensmitteln zum großen Teil um nachwachsende Rohstoffe handelt, wird dieser natürliche Kreislauf so zum Teufelskreis. Der Blick in die Zukunft zeigt auch: Wir müssen uns jetzt um langfristige Lösungen und ihre Umsetzung kümmern, damit die schätzungsweise 10 Milliarden Menschen im Jahr 2050 allesamt die Chance haben, sich gesund und umweltfreundlich zu ernähren.

Bleibt festzuhalten: Nachhaltige Ernährung betrifft uns alle – über Generationen und Kontinente hinweg. Greifbarer wird der Themenkomplex, wenn wir ihn in größere Einzelaspekte aufgliedern.

Die 5 Dimensionen der nachhaltigen Ernährung

In vereinfachter Darstellung lässt sich nachhaltige Ernährung in fünf Dimensionen betrachten, die teils eng miteinander verzahnt sind:

  • Gesundheit: seelisches und körperliches Wohlbefinden, zum Beispiel die Vorbeugung von Krankheiten durch eine gesundheitsförderliche Ernährung.
  • Umwelt: positiver Einfluss unserer Nahrungsversorgung auf Umwelt und Klima – etwa durch eine nachhaltige Nutzung von Ackerböden.
  • Wirtschaft: faire ökonomische Bedingungen beim Handel mit Nahrungsmitteln, hierzu zählen beispielsweise gerechte Preise und Löhne für Landwirt*innen.
  • Gesellschaft: soziale Auswirkungen des gesamten Ernährungssystems – von sauberen Hygieneverhältnissen in Entwicklungsländern bis zur gerechten Verteilung von Nahrungsmitteln.
  • Kultur: eine Ernährungskultur, die sowohl Genuss, als auch Verantwortung und gutes Gewissen fördert, zum Beispiel durch Vermittlung von Wissen über nachhaltige Lebensmittelproduktion.

Viele dieser Aspekte finden in der Planetary Health Diet Beachtung: Dieser Speiseplan für eine nachhaltige Ernährungsweise entstand 2019 durch die Zusammenarbeit von 37 Wissenschaftler*innen unterschiedlichster Disziplinen. Dabei geht es nicht um rigide Vorschriften und Einschränkungen, sondern um Empfehlungen, die auch individuelle Vorlieben und kulturelle Eigenheiten in der Ernährung berücksichtigen. Daher haben wir uns bei den folgenden Tipps und Empfehlungen an der Planetary Health Diet orientiert.

5 Tipps für eine nachhaltige(re) Ernährung

Um eine nachhaltige Ernährung weltweit zu gewährleisten, kommen wir um globale und gesamtgesellschaftliche Lösungen nicht umhin. Doch auch im Alltag kann jede*r von uns einen positiven Beitrag dazu leisten.

Das betrifft besonders drei Bereiche, in denen wir Einfluss auf die gesamte Wertschöpfungskette nehmen können – von der Erzeugung bis zur Abfallentsorgung:

Konkret heißt das:

1. Setze auf saisonale und regionale Lebensmittel

Erkundige dich im Supermarkt, woher die Lebensmittel stammen und kaufe öfter Lebensmittel auf regionalen Bäuer*innenmärkten – vorzugsweise aus biologischem Anbau. Wenn du weißt, wann welches Gemüse Saison hast, kannst du deinen Speiseplan daran orientieren – im April zum Beispiel mit unserem Rezept für die ligurische Ostertorte.

2. Kaufe fair produzierte und gehandelte Lebensmittel

Viele Nahrungsmittel, die wir billig kaufen, kommen den Produzent*innen und der Natur teuer zu stehen. Nachhaltig einzukaufen bedeutet jedoch nicht völligen Verzicht, sondern bewussteren Konsum. Fair produzierte und gehandelte Lebensmittel erkennst du zum Beispiel am Fairtrade- oder GEPA-Siegel. Sie sind zwar oft etwas teurer, doch jeden zusätzlich ausgegebenen Cent investierst du in eine nachhaltigere Welt.

3. Bring mit Obst und Gemüse Farbe auf den Tisch

Eine Ernährung, die mindestens zur Hälfte auf Pflanzen basiert, lässt sich abwechslungsreich gestalten und kaum Geschmackswünsche offen. Viele tierische Proteinquellen lassen sich durch pflanzliche Alternativen wie etwa Hülsenfrüchte ersetzen. Auch hier gilt: Wir empfehlen eine pflanzenbetonte Ernährungsweise, möchten aber nicht vorschreiben, ob und wie viel Fleisch verzehrt wird. Klar ist aber auch, dass eine fleischlastige Ernährung in den meisten Fällen einen höheren CO2-Ausstoß verursacht als eine pflanzenbetonte.

4. Lagere deine Lebensmittel richtig

Falsch gelagerte Lebensmittel verderben schneller und verursachen so unnötige Lebensmittelabfälle. Um keine wertvollen Nahrungsmittel und damit auch Ressourcen zu verschwenden, schau dir gerne unsere Tipps zur Lagerung von Obst und Gemüse an.

5. Baue dein eigenes Gemüse an

Regionaler und saisonaler als aus dem eigenen Garten oder Balkon geht nicht! Gemüse anbauen macht nicht nur Spaß, du eignest dir mit den Händen in der Erde wertvolles Wissen über Naturzusammenhänge an – auch das ist ein wichtiger Beitrag zu einer nachhaltigen Ernährung. Und wenn du alte Gemüsesorten anbaust, kannst du dich auf einen besonders intensiven Genuss freuen, denn die sind oft aromatischer als das Gemüse aus dem Supermarktregal. Mehr zu alten Sorten erfährst du übrigens im Sommer bei Ran ans Gemüse!

ein Einkaufszettel mit aufgeschriebenen Lebensmitteln

Lernen mit Kindern

Spurensuche auf dem Einkaufszettel

Wie viele Kilometer ist euer Einkaufszettel lang? Gemeint ist nicht das Papier, auf dem die Lebensmittel stehen, sondern die Transportwege, die sie zurückgelegt haben. Finde mit deinen Kindern heraus, bei wie vielen Lebensmitteln ihr die Herkunft ermitteln könnt und zählt zusammen, wie lange sie insgesamt unterwegs waren. Ihr werdet erstaunt sein!

Komplizierter wird’s bei verarbeiteten Lebensmitteln – zumal solchen mit mehreren Zutaten. Doch auch hier ist die Spurensuche aufschlussreich: Erkundigt euch im Internet, wie die jeweiligen Lebensmittel hergestellt werden und welche Ressourcen dafür notwendig sind.

Überlegt gemeinsam mit euren Kindern: Wo könnte hier eine nachhaltigere Ernährung ansetzen?

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