Acker Porträt 10. Juli 2022

Hier wächst Forschung: Wissenschaftliches Arbeiten bei Acker

Doktorandin und Acker-Gastwissenschaftlerin Julia Günther Acker e. V.

Bei Acker nehmen wir „Feldforschung“ wörtlich: Was und wie die Kinder auf dem Acker lernen, basiert nämlich nicht nur auf wissenschaftlichen Grundlagen, sondern fließt im Gegenzug auch in unsere Forschungsarbeit mit ein. Zum Beispiel in die Doktorarbeit unserer Gastwissenschaftlerin Julia Günther, deren Forschungsbeitrag kürzlich im angesehenen Wissenschaftsjournal Global Environment Change erschienen ist. Ein gegebener Anlass für ein Interview, in dem uns Julia Einblicke in das wissenschaftliche Arbeiten bei Acker gegeben hat.

Liebe Julia, wie bist du zu Acker gekommen und in welchen Bereichen arbeitest du bei uns?

Julia: Zu Acker bin ich im Frühjahr 2019 gekommen und war in den letzten drei Jahren als wissenschaftliche Mitarbeiterin im ersten Acker-Forschungsprojekt „OIT-BNE“ (= Outcome Indikatoren Test für Bildung für nachhaltige Entwicklung) aktiv. Außerdem habe ich das Wirkungsteam unterstützt. Im Rahmen meiner wissenschaftlichen Tätigkeit verfolgte ich von Beginn an eine Promotion, an der ich seitdem stetig arbeite. Seit 2022 bin ich nun noch als Gastwissenschaftlerin mit Acker verbunden.

Im Laufe deiner Promotion ist nun ein Artikel von dir in einem renommierten Wissenschaftsjournal erschienen – herzlichen Glückwunsch! Kannst du uns in wenigen Sätzen erklären, was du untersucht hast?

Vielen Dank! Ziel war es im Forschungsprojekt „OIT-BNE“ gemeinsam mit der Universität Magdeburg und der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg ein Testverfahren zu entwickeln, das es ermöglicht, Lernerfolge im Rahmen von Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) bei Schüler*innen zu erfassen. Dazu habe ich beispielsweise mit Expert*innen Interviews geführt, um mehr darüber zu erfahren, wie sie über ein solches Testverfahren denken und welche Themen und Handlungsfelder sie als besonders wichtig für BNE einschätzen. Uns hat auch interessiert, wie BNE-Lernerfolge aussehen, was die Expert*innen von einem Testverfahren zu deren Erfassung erwarten und welche Herausforderungen sie dabei sehen.

Die Interviews habe ich im Anschluss mit einer wissenschaftlichen Methode ausgewertet, die sich Qualitative Inhaltsanalyse nennt. Die Ergebnisse waren Grundlage für weitere Schritte im Forschungsprozess und sind auch Teil des Artikels, der nun veröffentlicht wurde.

Zu welchen Ergebnissen seid ihr dabei gekommen?

Mit unseren Projektpartner*innen haben wir im Laufe des Forschungsprozesses ein Modell für den Test entwickelt, welches verschiedene Komponenten berücksichtigt. Zum Beispiel konnten wir sechs Handlungsfelder definieren, die von Expert*innen als besonders wichtig eingeschätzt wurden. Ein Beispiel für ein solches Handlungsfeld wäre Konsum und Mobilität – es handelt sich also um einen Bereich nachhaltiger Entwicklung, in dem Kinder und Jugendliche bereits selbst Einfluss nehmen können. Außerdem haben wir verschiedene Altersgruppen für das Modell gebildet, da nicht jedes Handlungsfeld gleich gut für jüngere und ältere Schüler*innen geeignet ist. Für das Testverfahren spielen darüber hinaus weitere psychologische Komponenten eine Rolle. Zur Entwicklung des Modells waren viele Schritte nötig, die wir in dem Artikel festgehalten haben. Das Modell stellt außerdem ein wichtiges Zwischenergebnis unserer Arbeit an der Testentwicklung dar und wird im Artikel ebenfalls beschrieben.

Stichwort „nachhaltig“: Inwiefern sind eure Forschungsergebnisse für die UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) relevant?

Uns ist es gelungen, die definierten Handlungsfelder mit den Sustainable Development Goals (SDGs) zu verknüpfen. Das war nicht ganz einfach, denn die SDGs richten sich in erster Linie an die Politik und nicht an Schüler*innen. Dennoch werden viele der Themen, welche die SDGs aufgreifen, von Lehrer*innen und anderen Expert*innen als relevant eingestuft. Daher war es uns wichtig, hier einen Bezug herzustellen.

Bei unseren Bildungsprogrammen spielt die Wirkungsmessung eine große Rolle. Wie wirkt denn die Theorie auf die Praxis und umgekehrt?

Idealerweise beziehen sich Theorie und Praxis in Wechselwirkung aufeinander. Bei der Entwicklung des Testmodells war es aus wissenschaftlicher Perspektive sehr spannend, Aussagen von Expert*innen aus unterschiedlichen Bereichen wie Wissenschaft, Politik und eben auch aus der Praxis zu analysieren. Auf dieser Basis haben wir dann das Testverfahren entwickelt.

Gleichzeitig ist es unser Anspruch, mit dem fertigen Test-Tool einen mittelbaren wie unmittelbaren Beitrag für die Praxis von BNE in Schulen zu leisten. Das Testverfahren erlaubt zum Beispiel, im Sinne groß angelegter Erhebungen, eine evidenzbasierte oder zumindest -informierte Schulentwicklung voranzutreiben. Evidenzbasiert bedeutet dabei, dass die Erkenntnisse auf einer wissenschaftlichen Grundlage gewonnen wurden. Gleichzeitig können interessierte Schulen oder Lehrer*innen das Testverfahren nach Abschluss des Prozesses anwenden, um den Lernerfolg ihres BNE-Unterrichts bei Schüler*innen einzuschätzen bzw. zu überprüfen.

Auch bei Acker spielen Theorie und Praxis zusammen, wenn wir beispielsweise an die Wirkungsanalyse denken. Diese fungierte von Anfang an als eine Art Feedbackschleife – die Programme wurden dabei hinsichtlich ihrer Wirkung betrachtet und analysiert. In der Folge können die Schrauben identifiziert werden, an denen gedreht werden kann, um die Bildungsprogramme noch besser bzw. wirkungsvoller zu machen.

Welche Rolle spielt denn das (Arbeits-)Umfeld bei Acker für dein wissenschaftliches Arbeiten?

Bei Acker durfte ich von Beginn an eigenständig Aufgaben im Forschungsprozess übernehmen und mitgestalten. Gerade die Freiheit, eigene Ideen und Fragestellungen einzubringen und Verantwortung für deren Umsetzung zu tragen, haben eine steile Lernkurve ermöglicht. Mir persönlich hat der Mix sehr gut gefallen: Einerseits das wissenschaftliche Arbeiten und andererseits der Blick auf die Interessen und Möglichkeiten eines Unternehmens, an Forschung teilzuhaben. Das hat mir Einblicke erlaubt, die bei einer ähnlichen Tätigkeit, z. B. an einer Universität, wahrscheinlich nicht möglich gewesen wären.

Außerdem bin ich sehr froh darüber, dass ich auch nach dem nun abgeschlossenen Forschungsprojekt noch als Gastwissenschaftlerin mit Acker verbunden bleibe, bis meine Promotion abgeschlossen ist. Diese Art der Unterstützung finde ich nicht selbstverständlich und bin daher dankbar, dass Acker ein Teil meiner Reise war und ist.

Liebe Julia, wir sind dankbar, dass du Teil von Acker bist und uns diesen exklusiven Einblick in die Wissenschaftswelt von Acker ermöglicht hast. Wir wünschen dir und deinen Kolleg*innen viel Erfolg mit eurem Testverfahren und noch zahlreiche weitere Veröffentlichungen!

Julias Artikel ist in englischer Sprache im Journal Global Environment Change erschienen, Highlights und das Abstract könnt ihr hier lesen.