Die Maus trifft KiKA: Christoph Biemann und Tobias Krell im Gespräch
Die AckerBotschafter Christoph Biemann und Tobi Krell © Steins Pictures
10 Fragen an die AckerBotschafter der GemüseAckerdemie
Die Maus trifft KiKA: Filmemacher Christoph Biemann und KiKA-Moderator Tobias Krell alias „Checker Tobi“ wissen, wie man Kinder für die wichtigen Themen unserer Zeit begeistert. Weil sie außerdem große Gemüsefans sind, unterstützen sie die GemüseAckerdemie als AckerBotschafter. Gemeinsam mit uns setzen sie sich dafür ein, Natur und Nachhaltigkeit auf dem Acker für immer mehr Kinder erlebbar zu machen. Wir haben die beiden im Münchner Cafe Mio getroffen und ihnen zehn Fragen gestellt. Im Interview teilen Tobi und Christoph ihre Gemüsevorlieben mit uns, erzählen vom Berufsalltag beim Kinderfernsehen und von ihren persönlichen Aha-Momenten.
1. Wer seid ihr?
Christoph: Ich bin Christoph Biemann. Ich habe hier ganz in der Nähe an der Filmhochschule studiert und arbeite seit den Siebzigerjahren bei der „Sendung mit der Maus“. Mein Hauptjob ist es eigentlich, Filme zu machen und als Autor tätig zu werden, ich bin aber auch vor der Kamera in der Maus zu sehen.
Tobi: Ich heiße Tobi Krell, und ich habe auch an der Filmhochschule studiert, allerdings in Babelsberg, und komme mehr aus der journalistischen Richtung. Nach meinem Master bin ich erst einmal bei Filmfestivals gelandet. Vor jetzt fast 11 Jahren wurde ich dann aber von der Redaktion, mit der ich heute „Checker Tobi“ mache, zu einem Casting eingeladen. Seitdem mache ich Kinder-Wissensfernsehen. Was ich nie vorhatte, weil ich ja eigentlich Filmfestivals machen wollte. Aber jetzt, na ja, Kindersachen.
Christoph: Geht auch, ne?
Tobi: Geht auch! Und zwar sehr gut.
2. Was gefällt euch daran, für Kinder Fernsehen zu machen?
Christoph: Dass man aus professioneller Sicht nicht so festgelegt ist: Man kann Trickfilm machen, man kann Spielfilm machen, man kann Dokumentarfilm machen oder auch Mischformen … Und dazu kommt, dass die Kinder ein wunderbares Publikum sind: sehr kritisch, nicht ohne, aber wenn es dann funktioniert, macht es umso mehr Spaß.
Tobi: Genau. Bei Kindern als Publikum würde ich noch ergänzen: Sie sind nicht nur kritisch, sondern gnadenlos ehrlich. Und das Schöne ist auch, dass man Kinder für alles begeistern kann, wenn man den richtigen Zugang findet. Man kann im Kinderfernsehen viel Quatsch machen, aber mit der richtigen Erzählung oder den richtigen Beispielen auch die schweren Themen mit Leichtigkeit füllen, das finde ich toll. Außerdem beschäftige ich mich plötzlich mit Themen, mit denen ich mich ohne diesen Job niemals beschäftigt hätte.
3. Dann hattet ihr bei der Arbeit sicherlich selbst auch schon den ein oder anderen Aha-Moment.
Christoph: Ja sicher. Jede Menge.
Tobi: Ständig.
Christoph: Ich bin jetzt schon länger dabei und denke bei manchen Themen: Na ja, gut. Ist doch einfach. Aber wenn du dann an ein Thema konkret rangehst, triffst du auf Menschen mit einem unglaublichen Fachwissen und auch auf Aspekte, an die du nie gedacht hättest. Neulich haben wir uns bei der Maus zum Beispiel angeschaut, wie man eine Bobbahn vereist. Ich dachte: Klar: kalt machen, Wasser drauf. Aber es ist tatsächlich viel, viel komplizierter. Da kann man richtig tolle Geschichten erzählen.
Tobi: Ja, das ist auch eine schöne Berufskrankheit: Auf dem Weg hierher habe ich sicherlich drei Sachen gesehen, die für die Sendung interessant sein könnten – im Kinder-Wissensfernsehen bekommt man Dinge erklärt, an denen man als Erwachsener einfach vorbeiläuft. Aber plötzlich entdeckt man den Reiz daran.
Christoph: Ja, die Erwachsenen sagen dann auch immer: „Ach, das habe ich mich ja noch nie gefragt.“
4. Wie schafft man es denn, Kindern komplexe Sachverhalte verständlich zu machen?
Christoph: Kommt drauf an. In komplexere Themen muss man sich ziemlich reinarbeiten. Man muss das Thema erst einmal selbst gut verstehen, um dann zu wissen: Was kann ich weglassen? Wenn es komplex ist, ist es nämlich meistens auch lang. Und dann muss man so kürzen, dass es trotzdem sachlich richtig ist, also nichts Schräges, Schiefes entsteht. Als würdest du ein Klötzchenhaus aufbauen: Wenn du den falschen Klotz rausnimmst, funktioniert es nicht mehr.
Tobi: Das ist ein gutes Bild. Das ist das Schöne, aber auch das Anspruchsvolle, dass man als Journalist sehr, sehr sorgfältig sein muss. Bei Erwachsenen kann man sich besser um Sachen rummogeln, wenn man etwas nicht ganz verstanden hat. Dann nimmt man Begriffe auf und nutzt sie einfach. Kinder würden immer anhalten und fragen: Was heißt das überhaupt? Das ist manchmal richtig anstrengend, aber wenn es dann klick macht und es gelingt, das Thema in ein passendes Bild zu übersetzen – das ist das Schönste.
5. Fällt euch dazu ein Beispiel ein?
Christoph: Ich habe mal einen Film gemacht über Atomkraft und überlegt, wie man diese Kettenreaktion im Kern zeigen kann. Dann habe ich einen Disneyfilm gesehen, in dem das mit Mausefallen gezeigt wurde. In jeder Mausefalle waren zwei Tischtennisbälle. Das haben wir dann nachgestellt: Wir haben 75 Mausefallen aufgespannt und da die Tischtennisbälle reingetan. Und zwischendurch ging diese Kettenreaktion immer wieder los – das war der aufregendste Drehtag meines Lebens. Aus eigener Erfahrung kann ich jetzt sagen: Atomkraft ist sehr gefährlich (lacht). Aber das war zum Beispiel so ein Moment, in dem ich dachte: Ja, genau. So kapiert man es wirklich.
Tobi: Ich habe das immer mal wieder bei politischen Themen wie unserem Wahlsystem. Diese Dinge habe ich irgendwann mal im Sozialkundeunterricht gehört, aber wenn ich dann wirklich überlege: Was ist denn jetzt die Erststimme? Und wie übersetze ich das in kindliche Sprache? … An solchen Punkten merke ich immer wieder: Ah, jetzt habe ich es wirklich durchdrungen.
6. Jetzt aber mal zur GemüseAckerdemie. Ihr seid beide AckerBotschafter. Warum liegt es euch am Herzen, dass Kinder lernen, woher das Essen auf ihrem Teller kommt?
Christoph: Ich bin Hobbygärtner – also natürlich kein Rosenzüchter oder so, sondern Gemüsegärtner. Letzten Herbst habe ich 5 Zentner Kartoffeln geerntet.
Tobi: Wow, wirklich?
Christoph: Ja, wir hatten eine sehr gute Ernte letztes Jahr. Wir leben hauptsächlich von den Lebensmitteln aus dem Garten. Und dann sehe ich aber die Menschen mit dem ganzen Einkaufswagen voller Raviolidosen. Das ist erstens teuer und zweitens ungesund – warum wissen die das nicht? Da muss man was machen. Und dafür sorgen, dass Kinder lernen, ohne Gebrauchsanweisung eine Stange Porree in die Hand zu nehmen, ohne sich zu fragen: „Was mach ich denn jetzt damit?“
Tobi: Voll. Ich bin zwar auf dem Land aufgewachsen und hatte dort viel Landwirtschaft um mich herum, aber seit ich von zu Hause ausgezogen bin, bin ich Städter. Und hier bekomme ich immer mehr mit, dass wirklich ganz viele Kinder gar keine Ahnung davon haben, dass die Lebensmittel im Supermarkt mal irgendwo gewachsen sind. Als mir dann eine Freundin von Acker und der GemüseAckerdemie erzählt hat, habe ich gedacht: Ja, fantastisch. Gut, dass es euch gibt.
7. Unser Ziel ist es, dass bis 2030 jedes Kind in Deutschland in der Kita oder Schule erleben kann, wie Gemüse natürlich wächst und wie man es verarbeitet. Was braucht unsere Gesellschaft, damit das klappt?
Tobi: Ich denke, das ist vor allem eine politische Frage. Es muss Menschen geben, die sich dafür einsetzen, das Thema in die Lehrpläne zu bringen. Aber daran arbeitet ihr ja schon sehr erfolgreich. Ich glaube, je mehr Kinder in ihrer Kita- oder Schulzeit den Wert von Lebensmitteln schätzen lernen, umso größer wird auch das gesellschaftliche Bewusstsein dafür. Denn wenn die Kinder irgendwann erwachsen sind, tragen sie es weiter. Um im Bild zu bleiben: Irgendwo muss der Samen gesät werden, und ich glaube, da sind wir auf einem guten Weg.
Christoph: Ja, ich finde, man muss diese Begeisterung bei den Kindern noch mehr herauskitzeln. Zu erleben, wie aus einem Tomatensamen eine große Pflanze wächst, und dann lernen, dass man daraus selbst Soße für den Spaghettiteller machen kann – das macht stolz. Und dann können die Kinder auch die Eltern erziehen.
Tobi: Ja, und das passiert auch, das bekomme ich immer wieder mit: Wenn die Kinder etwas Neues lernen und dann beim Einkaufen im Supermarkt zum Beispiel sagen: „Papa, lass uns lieber was anderes kaufen“, das macht auch bei den Eltern etwas.
8. Abgesehen von der Begeisterung für Natur und Nachhaltigkeit: Was sollten Kinder noch in der Schule lernen, um eine zukunftsfähige Gesellschaft mitgestalten zu können?
Tobi: Wie demokratische Prozesse funktionieren. Das wird schon probiert über Klassenräte und so weiter, aber ich glaube, das kann man gar nicht stark genug machen. Und es braucht unbedingt Medienerziehung in der Schule. Kinder wachsen mit diesen Geräten auf und mit einer digitalen Welt, in der sie keine Ahnung haben, was sie tun – oder zumindest viel zu wenig, habe ich das Gefühl. Das ist gefährlich, und diesbezüglich muss einfach mehr passieren.
Christoph: Was auch für eure Arbeit bei der GemüseAckerdemie wichtig ist: zu vermitteln, dass man gemeinsam etwas schaffen kann, wenn man zusammenarbeitet. Dieses Erlebnis finde ich ganz wichtig.
9. Eine gemeine Frage: Ihr werdet auf eine einsame Insel verbannt, auf der ihr nur eine einzige Sorte Gemüse anbauen könnt. Welches Gemüse nehmt ihr mit?
Christoph: Es gibt ja viele tolle Gemüse, aber Kartoffeln schmecken mir erstens, und zweitens wird man davon auch gut satt. Das ist auf so einer einsamen Insel vielleicht nicht ganz unwichtig.
Tobi: Starker Punkt. Ich hätte jetzt wahrscheinlich die Tomate gewählt, weil sie so vielseitig ist und weil man damit so viel machen kann, aber der Sättigungspunkt hat mich jetzt noch einmal zum Nachdenken gebracht … Ansonsten würde ich immer Brokkoli sagen, weil es das von mir heiß geliebte und das unterschätzteste Gemüse überhaupt ist.
10: Die GemüseAckerdemie feiert dieses Jahr ihr zehnjähriges Jubiläum. Was gebt ihr uns für die nächsten 10 Jahre mit auf den Weg?
Christoph: Gute Ernte!
Tobi: Und ich ein: Weiter so! Weiter so und nicht aufgeben.
Vielen Dank, Tobi und Christoph! Wir freuen uns sehr darauf, mit euch die nächsten 10 Jahre zu beschreiten!