Acker News 28. August 2024

Bildung für unsere Zukunft: Drei Perspektiven auf den Lehrberuf

© Foto: Laurent Hoffmann

Bis 2030 wollen wir nachhaltige Ackererlebnisse für jedes Kind möglich machen – das geht nur mit der Unterstützung engagierter Pädagog*innen! Deshalb packen wir nicht nur an Kindergärten und Schulen, sondern auch in der Ausbildung angehender Lehrkräfte und Erzieher*innen an: In unserem Hochschulprogramm CampusAckerdemie lernen die zukünftigen Pädagog*innen, wie sie Kinder für Natur und Nachhaltigkeit begeistern und den Acker als Lernort im Bildungssystem verankern können. Aber was braucht es noch, um unser Bildungssystem zukunftsfähig zu machen? Das haben wir eine Hochschuldozentin, eine CampusAckerdemie-Teilnehmerin und eine Lehrkraft gefragt. 

Judith Erb

Judith Erb ist seit rund 10 Jahren Lehrerin an der Kölner Gemeinschaftsgrundschule Irisweg und setzt sich außerdem als Regionalkoordinatorin des Landesprogramms Schule der Zukunft dafür ein, Bildung für Nachhaltige Entwicklung im Schulbetrieb zu verankern. Dass die Grundschule Irisweg 2013 als erste Kölner Schule zur „Fairtrade School“ ernannt wurde, kommt Judith sehr entgegen – denn wenn sie nicht unterrichtet, engagiert sie sich ehrenamtlich im Bereich fairer Handel und Bildung. 

Judith, wie hat sich dein Berufsalltag als Lehrerin in den letzten Jahren verändert? 

Flexibilität wird als Lehrkraft immer wichtiger, zum Beispiel durch die Digitalisierung: Sie verändert nicht nur den Schulalltag, sondern auch die Art, wie Kinder aufwachsen. Darauf muss ich als Lehrerin reagieren. Auch andere gesellschaftliche Themen wie der Klimawandel werden im schulischen Umfeld immer brisanter. Bildung für nachhaltige Entwicklung hält langsam Einzug in die Grundschulen, was ich sehr begrüße, auch wenn da noch Luft nach oben ist.  

Was kommt im Schulalltag zu kurz? 

Oft sind es die musisch-kreativen Fächer, bei denen Abstriche gemacht werden. Auch Naturerfahrungen und partizipative Prozesse, in denen die Kinder zum Beispiel eigene Vorschläge für den Unterricht und das Schulleben machen und diskutieren können, kommen oft zu kurz. Es ist eine wichtige Erfahrung für die Kinder, sich als aktiven Teil der Gesellschaft zu erleben – dafür Raum zu schaffen und sich gleichzeitig an den Lehrplan zu halten, ist eine Herausforderung. 

Was braucht unser Bildungssystem, um zu einer zukunftsfähigen Gesellschaft beizutragen? 

Die Relevanz des Bildungssystems muss politisch und gesellschaftlich sichtbarer werden. Es muss deutlich werden, dass Bildung eine der wichtigsten Ressourcen für unsere Zukunft ist. Um Schule zukunftsfähig zu machen, brauchen wir personelle Ressourcen, aber auch finanzielle Mittel für die Aus- und Weiterbildung von Lehrkräften. Außerdem sollten wir Bildung für nachhaltige Entwicklung nicht nur lehren, sondern auch leben – durch gesundes, nachhaltig angebautes Schulessen zum Beispiel oder einen Schulgarten auf dem Schulgelände. 

Portrait einer lächelnden Frau

Dr. Maximiliane Schumm

Maximiliane ist Leiterin der Didaktik der Biologie an der KU Eichstätt und unterrichtet dort angehende Lehrer*innen für die Grund- und Mittelschule. Dabei legt sie nicht nur einen Schwerpunkt auf Lehrveranstaltungen zu einer Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE), sondern betreut auch die CampusAckerdemie, die an der Eichstätter Hochschule Studierenden aus allen Fachrichtungen des Lehramts offensteht.

Maxi, was schätzt du an deiner Tätigkeit als Dozentin? 

Es ist ein Privileg, dass man sich immer wieder mit neuen spannenden Themen auseinandersetzen und die neueste Forschung dazu lesen darf. Ich kann mich selbst kontinuierlich weiterbilden. Außerdem kann man sich selbst organisieren, eigene Schwerpunkte setzen und Themen neu vernetzen – BNE mit dem Thema Achtsamkeit zum Beispiel. An der Uni geht das alles. 

Was ist für dich das Wichtigste, das die Studierenden aus deinen Seminaren mitnehmen sollen? 

Aufgeschlossenheit für Neues und die Fähigkeit, sich neuen Herausforderungen zu stellen. Und die Erkenntnis, dass man in der realen Welt am besten lernen kann. Natürlich braucht es in manchen Bereichen auch Theorie, aber die wirkliche Welt ist eine super Lernumgebung – für Schüler*innen und für uns alle. Mir ist wichtig, dass die Studierenden Heterogenität als Chance begreifen und sowohl sich selbst als auch ihre zukünftigen Schüler*innen mit ihren Bedürfnissen so annehmen, wie sie sind.  

Was braucht unser Bildungssystem, um zu einer zukunftsfähigen Gesellschaft beizutragen? 

Es muss die Stärken der Schüler*innen sehen und auch fördern, statt sich nur auf ihre Schwächen zu konzentrieren. Dafür braucht es mehr pädagogische Unterstützungspersonen in der Klasse, die auf individuelle Bedürfnisse eingehen können. Wir verlieren so viele Kinder auf dem Bildungsweg, dabei steckt unglaubliches Potenzial in ihnen. Wir brauchen neue Rahmenbedingungen, damit wir den Kindern Zukunftskompetenzen wie Weltoffenheit und Vertrauen in das eigene Handeln vermitteln können. 

Lara Schmidt

Lara ist angehende Lehrerin der Fächer Deutsch und Geschichte und hat im Studium an der Uni Bonn nicht nur im Hörsaal, sondern auch auf dem CampusAcker erlebt, wie ihre berufliche Zukunft aussehen kann. Als Absolventin der CampusAckerdemie weiß sie, wie man Schüler*innen für den Gemüseanbau begeistert – da kann es kaum Zufall sein, dass es Lara für ihr Praxissemester prompt an eine AckerSchule verschlagen hat! 

Lara, warum hast du dich für den Lehrberuf entschieden? 

Tatsächlich habe ich lange gedacht: „Wenn ich einen Beruf auf gar keinen Fall machen will, dann Lehrerin.“ Beim Studium ging es mir am Anfang vor allem um die Fachwissenschaften. Aber dann kam das erste Praktikum. Da habe ich gemerkt, dass ich als Lehrerin dazu beitragen kann, dass Kinder sich weiterentwickeln, ihre Stärken kennenlernen und die Gesellschaft mitgestalten. Da wusste ich dann: Das ist auf jeden Fall was für mich. 

Was fehlt dir im Lehramtsstudium? 

Auf jeden Fall Psychologie und Pädagogik. Im Praxissemester musste ich da in schwierigen Situationen auf meine eigene Menschenkenntnis und Intuition bauen. Das hat zum Glück geklappt, aber Studierende sollten hier viel mehr professionelles Handwerkszeug mitbekommen. Und: mehr praktisches Lernen im Studium. Einfach mal anpacken, nicht nur Texte lesen. Ansätze wie die CampusAckerdemie zeigen, dass es auch anders geht. 

Was braucht unser Bildungssystem, um zu einer zukunftsfähigen Gesellschaft beizutragen? 

Für mich ist das Wichtigste, dass die Kinder Wertschätzung erfahren und sich so akzeptiert fühlen, wie sie sind. Die Kinder sollen spüren: Ich bin ein Teil der Gesellschaft und kann mit meinen eigenen Stärken auch dazu beitragen. In meinem idealen Bildungssystem gibt es deshalb nicht nur kognitives Lernen, sondern auch viel Praktisches. Demokratiebildung, Klimaschutz – oder eben einen Schulgarten. 

Raus aus dem Hörsaal, ran an den Acker!

Knapp 950 angehende Pädagog*innen ackern dieses Jahr deutschlandweit an 23 Hochschulen mit der CampusAckerdemie. In unserem Bildungsprogramm pflanzen, pflegen und verarbeiten die Teilnehmenden auf ihrem CampusAcker bis zu 30 Gemüsearten und erwerben dabei die landwirtschaftlichen Fähigkeiten, um einen eigenen Gemüseacker an Schulen oder Kitas zu betreuen. Ergänzende Workshops vermitteln geeignete pädagogische Methoden der Bildung für eine nachhaltige Entwicklung (BNE).  

Ackern ist Gemeinschaftssache: Während unsere erfahrenen AckerCoaches ihr Fachwissen zum Gemüseanbau nach ökologischen Prinzipien mit den Studierenden teilen, schlagen die Hochschuldozent*innen die Brücke zur Fachdidaktik. Abgerundet wird die praktische Wissensvermittlung durch unsere Bildungsmaterialien auf der Acker-Lernplattform.  

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